Geschichte des Bundessortenamts von 1945 bis 2015

Feldarbeit in den ersten Nachkriegsjahren
Feldarbeit in den ersten Nachkriegsjahren
Das Rittergut in Rethmar
Das Rittergut in Rethmar

1945

Sämtliche Prüfstellen des Reichssortenregisters haben ihre Arbeit eingestellt. Viele Pflanzenzuchtbetriebe fliehen von Ost- und Mitteldeutschland in den Westen und lassen sich hauptsächlich in Norddeutschland nieder. Im November wird der Verband deutscher Pflanzenzüchter mit Sitz in Hannover gegründet.

1946

Durch die Initiative der vorläufigen Landwirtschaftskammer Hannover wird am 1. April eine zentrale Sortenregister- und Wertprüfungsstelle auf dem Rittergut in Rethmar eingerichtet.

Diese Schubkarre war 1946 das erste amtseigene Fahrzeug des Sortenamts
Diese Schubkarre war 1946 das erste amtseigene Fahrzeug des Sortenamts
Die ersten Prüffelder in den 40er Jahren
Die ersten Prüffelder in den 40er Jahren

1947

Von Rethmar aus wird der systematische Auf- und Ausbau der westdeutschen Sortenprüfung organisiert und gesteuert.

 

1948

Zahlreiche ehemalige Mitarbeiter des Reichssortenregisters nehmen Kontakt mit den Verantwortlichen in Rethmar auf. So können mehrere alte Prüfstellen besonders in Süddeutschland wiedererrichtet werden.

Feldarbeit in den 40er Jahren
Feldarbeit in den 40er Jahren

1949

Im Dezember wird erstmals eine Sortenliste veröffentlicht, die für das ganze Gebiet der neugegründeten Bundesrepublik gilt.

 

1950

Das Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten wird zuständig für das „Sortenamt für Nutzpflanzen“ in Rethmar. Die Landwirtschaftskammer in Bonn schlägt vor, das Sortenamt ins Rheinland zu verlegen, was 1952 von einem aus Burgdorf stammenden Staatssekretär abgelehnt wird.

1951

Die Finanzierung der Prüfstellen teilen sich Bund und Länder. Es beginnen erste größere Investitionen, wie z.B. die Anschaffung von elf Unimogs.

 

1952

Der Entwurf für ein erstes Saatgutgesetz wird dem Bundestag vorgelegt. Es wird ein Ausschuss gebildet, dessen Beratungen u.a. auch im Gutsgebäude in Rethmar stattfinden.

1953

Das Saatgutgesetz wird verabschiedet. In Rethmar entsteht damit eine neue selbstständige Bundesoberbehörde mit der Bezeichnung „Bundessortenamt“. Leiter des Amtes wird C.H. Roemer, der während des Krieges Leiter der Reichssaatgutstelle war.

 

1954

Nachdem das Rittergut dem Sortenamt bereits 1952 ein Hektar Land an der Bundesstraße 65 verkauft hatte, konnte der Bau von Haus 1 (Verwaltungsgebäude) schnell abgeschlossen werden. 1953 und 1954 folgen die Häuser II und III sowie Wirtschaftsgebäude und Gewächshäuser.

Dr. Carl-Heinrich Roemer (Präsident des Bundessortenamts von 1953-1968)
Dr. Carl-Heinrich Roemer (Präsident des Bundessortenamts von 1953-1968)

1955

Im Freihandelsabkommen GATT wird u.a. der weltweite Handel mit Saatgut liberalisiert, was den westdeutschen Saat- und Zuchtbetrieben einen harten Schlag versetzt.

 

1956

Schon vor dem Krieg gab es Bemühungen für internationale Regelungen hinsichtlich des Sortenschutzes. Dieses Vorhaben wird nun von französischer Seite wieder aufgegriffen.

Das Verwaltungsgebäude des Bundessortenamts in den 50er Jahren
Das Verwaltungsgebäude des Bundessortenamts in den 50er Jahren

1957 - 1963

Zahlreiche Verhandlungen für eine Harmonisierung des europäischen Sorten- und Saatgutrechts werden geführt, an denen regelmäßig auch Mitarbeiter des BSA Rethmar teilnehmen.

 

1964

Im Zuge internationaler Projekte entsteht zwischen dem Leiter des Bundessortenamtes D. Böringer aus Rethmar sowie den Vertretern aus Paris und London eine enge Zusammenarbeit. Aus dieser Beziehung ergibt sich über dreißig Jahre ein starker Einfluss auf die Entwicklung des Sorten- und Saatgutwesens in Europa und weit darüber hinaus.

Dr. Ahlheim
Dr. Ahlheim
Herr Preusker
Herr Preusker

1965 - 1968

Aufgrund internationaler Regelungen muss das deutsche Saatgutrecht gänzlich überarbeitet werden. Nach mehrjähriger Arbeit treten die Gesetze 1968 in Kraft.

 

1969

Vertreter des Bundessortenamts werden immer öfter zu internationalen Sortenberatungen hinzugezogen. Ab 1969 werden Amtshilfeverfahren durchgeführt für Länder wie Ungarn, Argentinien, Chile, CSSR, Iran, Israel, Japan, Kanada, Marokko, Österreich, Polen, u.a..

Dr. Milatz, Herr Endreß und Dr. Ahlheim 1969 bei einer Feldbegehung der Haferregisterprüfung
Dr. Milatz, Herr Endreß und Dr. Ahlheim 1969 bei einer Feldbegehung der Haferregisterprüfung
Dr. Roux kam Ende der 40er Jahre zusammen mit Dr. Milatz von der Zentralstelle der DDR in Nossen nach Rethmar
Dr. Roux kam Ende der 40er Jahre zusammen mit Dr. Milatz von der Zentralstelle der DDR in Nossen nach Rethmar

1970

Aufgrund einer notwendigen Personalaufstockung auf über 200 Mitarbeiter sowie Schwierigkeiten bei der Installierung einer ersten EDV-Anlage in Rethmar wird die Zentrale des Bundessortenamts nach Bemerode verlegt.

 

1972

Es wird entschieden, dass in den kommenden zehn Jahren ein Neubau für die Zentrale in Hannover entstehen soll.

 

1974

Erste Novellierung des Sortenschutzgesetzes von 1968. Das Artenverzeichnis wird auf zahlreiche Obstarten sowie Zierpflanzen ausgeweitet. Der erste EWG-Sortenkatalog für Gemüsearten wird veröffentlicht.

 

Das Bundessortenamt in den 70er Jahren
Das Bundessortenamt in den 70er Jahren
Herr Schulze und Frau Dr. Höppner bei der Kartoffelprüfung
Herr Schulze und Frau Dr. Höppner bei der Kartoffelprüfung

1975

Die Ölkrise zwingt auch das Bundessortenamt zu starken Sparmaßnahmen. Erstmals finden deutsch-deutsche Beratungen über Sorten- und Saatgutfragen mit der ost-deutschen Zentrale in Nossen bei Dresden statt.

 

1976

Flächenmäßiger Ausbau der Prüfstelle in Rethmar durch Ankauf von 52 ha landwirtschaftlicher Nutzfläche in Clauen.

Dr. Steckau, Dr.Fuchs und Dr. Böringer
Dr. Steckau, Dr.Fuchs und Dr. Böringer
Dr. Höppner
Dr. Höppner

1977

Erstmaliger Besuch des Direktors der ostdeutschen Zentralstelle aus Nossen H.Witt.

 

1978

Erste diplomatische Versuche, die USA in die europäischen Saatgutabkommen mit einzubeziehen. Dies erweist sich als schwierig, weil in den USA bei Pflanzen auch vom Patentrecht Gebrauch gemacht wird.

1979

Durch Schließungen von Prüfstellen besonders in Süddeutsch-land in diesem und den Jahren zuvor, konzentrieren sich die Hauptaktivitäten des BSA immer mehr auf den Raum Hannover.

 

1980

Bezug der neuen Zentrale in Hannover-Buchholz. Die Saatgut-einsendestelle in Rethmar wird aufgegeben.

Die neue Zentrale des Bundessortenamts Anfang der 80er Jahre in Hannover-Buchholz
Die neue Zentrale des Bundessortenamts Anfang der 80er Jahre in Hannover-Buchholz

1984

Bundesminister Ignaz Kiechle besucht die Prüfstelle in Rethmar mit einem Hubschrauber

 

1985

Die neugefassten Gesetze zu Sortenschutz und Saatgutverkehr treten in Kraft. Durch die zunehmende Anwendung von Bio- und Gentechnik beginnt eine weltweite Diskussion über das Verhältnis von Patent- und Sortenschutz. Das BSA schlägt vor, das Sortenschutzgesetz auch für Tierrassen zu öffnen.

Dr. Prien
Dr. Prien

1986

Die molekularbiologische und biochemische Sortenprüfung bekommt neben der traditionellen Prüfung eine immer größer werdende Bedeutung.

 

1987

Feierliche Erteilung des 5000. Sortenschutzes.

 

1988

Die gentechnische Pflanzenzüchtung gerät immer mehr in den Fokus der Diskussionen. Die Anmeldeformulare des BSA werden für transgene Sorten angepasst. Erster Entwurf für die Errichtung eines von deutscher Seite erarbeiteten EURO-Sortenamtes wird vorgelegt.

 

1989

Sämtliche Sorten des ganzen Pflanzenreiches (ausgenommen Mikroorganismen) unterliegen bis dato dem Sortenschutz.

 

1990

Die Wiedervereinigung verändert das Gefüge des BSA grundlegend. Das ostdeutsche Sortenschutzsystem wird in das westdeutsche eingegliedert. Die Auflösung zahlreicher Prüfstellen der DDR wird eingeleitet.

Prüffelder bei Clauen
Prüffelder bei Clauen

1991

Zahlreiche DDR-Sorten werden in der gesamtdeutschen Sortenliste aufgenommen. Durch die rasche Umwandlung und Privatisierung ostdeutscher Zuchtbetriebe ist jedoch oft unklar, wem die Sorten nun gehören.

 

1992

Das novellierte Sortenschutzgesetz stellt sicher, dass keine Pflanzensorte mehr dem Patentrecht unterliegt. Dieses Gesetz wird in den kommenden 25 Jahren oftmals missachtet.

 

1993

Die Bauarbeiten für das neue große Wirtschaftsgebäude in Rethmar werden abgeschlossen.

 

1994

Die „Gemeinschaftliche Europäische Sortenschutz-Verordnung“ tritt in Kraft. Damit ist eine Sortenschutzerteilung in der gesamten EU gültig.

 

1995

Das „Gemeinschaftliche Sortenamt“ (CPVO) wird nach Angers in Frankreich verlegt. Der nationale Sortenschutz verliert an Bedeutung und es werden zunehmend auf europäischer Ebene Sortenschutzanträge bearbeitet.

 

1996-2015

Rethmar bleibt bis zu seiner Schließung im Jahr 2015 eine vollwertige Prüfstelle.